Irritierend ist, wenn Irritation ausbleibt.

Unsere Beruflichkeit als Sprachlehrkräfte verändert sich in einer KI-geprägten Welt radikal. Das sollte Grund genug für Irritation sein. Irritation gleicht einem Stein im Schuh: unbequem, aber wertvoll. Sie zwingt uns, innezuhalten, eingefahrene Wege zu hinterfragen und den Mut zur Veränderung zu entwickeln.
Doch was passiert, wenn diese Irritation ausbleibt? Wenn Bildungsbereiche aufhören, sich zu hinterfragen oder sich von der Dynamik ihrer Umwelt entkoppeln?

Dabei verändert generative KI bereits heute massiv, wie Menschen in ihrer Lebens- und Arbeitswelt kommunizieren und lernen, und führt zu einer grundlegenden Verschiebung von sprachlichen Anforderungen. Traditionelle Lernziele lösen sich teilweise auf oder verändern sich. Mehrsprachigkeit und Mündlichkeit gewinnen im Karussell der Fertigkeiten an Relevanz. Sprache wird skalierbar 24/7 und vieles mehr.

Das hat weitreichende Folgen:

Politisch. Integrations- und Berufssprachkurse stehen derzeit unter existenziellem Legitimationsdruck. Neue Technologien werden von der Politik eher zur Legitimation von Kürzungen genutzt, anstatt dass sie als Motor für Innovation dienen.

Pädagogisch, weil das Potenzial von KI nicht nur darin liegt, Arbeitsblätter effizienter zu erstellen, sondern Lernprozesse und Didaktik grundlegend neu zu denken.

Anlass genug, über den Tellerrand des nächsten Arbeitsblattes hinaus zu denken.

Die entscheidende Frage lautet daher nicht, wie wir mit KI Arbeitsblätter erstellen, sondern warum wir uns als Fachgemeinschaft in keinster Weise irritieren lassen – noch nicht einmal dann, wenn sich die Welt um uns herum radikal verändert.