Bildungsaktien verlieren – Analysten sehen Online-Lern-Industrie vor tektonischen Verschiebungen

Mittlerweile ist Chat GPT auch bei E-Learninganbietern angekommen. Nicht nur als technische Lösung, sondern auch als Konkurrent. Laut eines Artikels in der Welt sind die Aktien des Bildungsanbieters Chegg am Dienstag um fast 50 Prozent eingebrochen, die britische Pearson, bekannt für Lehrbücher, Tests und Zertifikate sowie für Online-Kurse und eBooks, fiel um 15 %. Auch E-Learning-Plattformen und die Sprachlern-App Duolingo gehörten zu den Verlierern. Analysten gehen von einem unmittelbaren Einfluss von Chat GPT und anderen KI-Tools aus, die zumindest aktuell das attraktivere Angebot scheinen. Ob das so bleibt, hängt von der Fähigkeit der Branche ab, attraktive Angebote mit Blick auf die Konkurrenz zu formulieren und Kunden zurückzugewinnen.

Müssen wir uns Sorgen machen?

Einige ja, andere nein.

„Künstliche Intelligenz ist ohne qualifizierte Lehrkräfte nichts, aber in den Händen gut qualifizierter Lehrkräfte ein Booster.“ – Das ist unsere Antwort, wenn wir gefragt werden, wie wir zu Künstlicher Intelligenz in der Erwachsenenbildung bzw. DaZ- und Fremdsprachendidaktik stehen. Wir sehen gerade im komplementären Einsatz von Mensch und Maschine eine enorme Chance für gelingende Lehr-Lern-Prozesse. Lernen braucht mehr als eine App, Lernen braucht Resonanz.

Allerdings kennen wir aus der Forschung den Automation-Bias. Die Automation-Bias bezieht sich darauf, dass der Mensch sich ohne Einschränkungen auf automatisierte Systeme verlässt und ihnen nahezu blind vertraut. Wir neigen dazu, den Empfehlungen von automatisierten Systemen zu folgen, ohne sie kritisch zu hinterfragen oder unabhängig zu überprüfen. Dies kann dazu führen, dass wir lange auf KI-gestützte Lernangebote vertrauen, sogar dann, wenn sie uns keine zufriedenstellenden Angebote bieten.

Bildungsanbieter müssen daher eine Schippe drauf legen und ihren Kunden besonders gut erklären, was ihr spezifischer Mehrwert gegenüber KI ist und wofür sie stehen.

Leider haben wir auch hier einen Bias. Ich nenne ihn den Bildungs-Bias. Man hält die eigenen Angebote und Leistungen für so überlegen, dass man gar nicht auf die Idee kommt, dass sich mit KI plötzlich eine ernstzunehmende Konkurrenz entwickelt und dass man sich und seine Leistungen erklären müsste. Die meisten sind noch damit beschäftigt, Chat GPT bei irgendwelchen Fehlern zu überführen, ohne zu merken, dass dies nur die eigene Unkenntnis der technischen Grundlagen von KI offenbart. Viele denken, dass man die technischen Möglichkeiten von KI einordnen kann, wenn man ab und an dazu in der Tageszeitung liest. Man weist auf technische Ruckeligkeiten wie z.B. mechanisch klingende Stimmen von Chatbots hin, ohne die Dynamik der technischen Entwicklung einzupreisen. Andere denken, dass KI nur eine Konkurrenz für E-Learning-Angebote ist und Präsenzkurse von der Entwicklung nicht betroffen sein werden. Man sieht KI als eine Insellösung ohne zu merken, dass KI bald überall drin steckt – in den Lerntechnologien, aber auch in der Arbeits- und Lebenswelt ihrer Kunden, die daher in Vielem bereits schon viel weiter als die Bildungsinstitutionen sind, die sie eigentlich auf diesem Weg begleiten sollten.

Wir von Deutsch im Job freuen uns jedenfalls, in der nächsten Woche einen der großen bundesweit tätigen Bildungsanbieter zu KI in der digitalen Transformation fortbilden zu dürfen und sind überzeugt, dass man dort zukunftsweisende Antworten findet, warum es Bildungsanbieter nach wie vor braucht.

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